Aufbau einer IP-Adresse nach IPv6-Standard

Der lang erwartete Nachfolger...

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Ohne IP-Adressen läuft im Internet (und den meisten lokalen Netzwerken) nichts. Sie sind essentieller Bestandteil für die Datenübertragung in paketvermittelten Rechnernetzen.
Ohne IP-Adressen läuft im Internet (und den meisten lokalen Netzwerken) nichts. Sie sind essentieller Bestandteil für die Datenübertragung in paketvermittelten Rechnernetzen.

Die Abkürzung „IP“ steht für „Internet Protocol“, das eine der wichtigsten Grundlagen für die Kommunikation zwischen Teilnehmern im weltweiten Internet darstellt. Jedes Gerät, das über das Netz erreichbar ist, muss über (mindestens) eine sogenannte „IP-Adresse“ verfügen.

Im Internet werden Daten als „Pakete“ verschickt. Die IP-Adresse fungiert hier sowohl als Adressetikett (auf dem Datenpaket) wie auch als Hausnummer (durch die Zuordnung der IP zu einem Gerät). Nur auf diese Weise ist sichergestellt, dass alle Datenpakete ihren Empfänger korrekt erreichen.

Bislang waren IP-Adressen nach dem Standard IPv4 aufgebaut (weitere Infos erfahren Sie im verlinkten Artikel) und sahen in etwa so aus:

  • 192.168.0.1
  • 10.0.1.77
  • 172.31.100.100

Durch die Art der Adressierung (32-stellige Binärzahl, also 32 Bit) waren etwa 4 Milliarden einzelne IP-Adressen öffentlich verfügbar. Mit zunehmender Verbreitung des Internets in den 1990er Jahren und einer unglücklichen Vergabepraxis avancierten IPv4-Adressen bald zur begehrten Mangelware.

Unter der Schirmherrschaft der IETF (Internet Engineering Task Force), die für die technische Weiterentwicklung des Internets zuständig ist, wurde ein Nachfolger auf Basis einer 128-stelligen Binärzahl (128 Bit) geschaffen: IPv6 – auch „Internet Protokoll Version 6“ genannt, welches ursprünglich den Namen „Internet Protocol next Generation“ (IPnG) trug.

Mit IPv6 sind rechnerisch etwa 340 Sextillionen einzelne IP-Adressen möglich (eine Zahl mit 36 Nullen: 340.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000)!

Berücksichtigt man eine Weltbevölkerung von 8,03 Milliarden Menschen (Stand: 2022), dann könnte jede Person über 42 Oktillionen IP-Adressen verfügen. Das sollte für viele Internet-Gadgets ausreichen. 🙂

Ganz gleich ob 340 Sextillionen oder 42 Oktillionen – beides mögen zwar abstrakte Zahlen sein, die aber eines verraten: So schnell werden IP-Adressen bestimmt nicht mehr knapp!

Aufbau einer IPv6-Adresse

IPv4-Adressen bestehen aus vier Blöcken, die Werte zwischen 0 und 255 annehmen können. Würde man diese Notation beibehalten, bestünde eine IPv6-Adresse aus 16 Blöcken und wäre (für Menschen) schnell unübersichtlich.

Man entschloss sich daher zur einer hexadezimalen Schreibweise (also auf Basis von 16, mit Werten zwischen 0 bis 9 und a bis f). Außerdem wurden zwei Byte in einem Block zusammengefasst und so die Zahl der benötigten Blöcke auf acht reduziert.

Folgendes Beispiel: Die fiktive IP-Adressse

  • 64.254.1.0.2.128.0.0.0.0.0.0.0.0.0.1

verkürzt sich so auf

  • 40ff:100:280:0:0:0:0:1

und sieht damit schon gleich viel „lesbarer“ aus.

Übrigens, anstelle des Punkts bei IPv4 sind die einzelnen Blöcke bei IPs nach dem IPv6-Standard nun durch Doppelpunkte voneinander getrennt.

Außerdem gibt es eine weitere Verkürzungsmöglichkeit: Eine Gruppe von aufeinander folgenden Nullen darf mit zwei Doppelpunkten zusammengefasst werden. So entsteht aus

  • 40ff:100:280:0:0:0:0:1

die Kurzform

  • 40ff:100:280::1

Aber aufgepasst: Diese Verkürzung darf nur einmal angewendet werden, da ansonsten nicht eindeutig wäre, wie viele Nullen jede Instanz von „::“ repräsentiert.

Hintergrund: Die IPv6-Adresse 2002:0ef7:0:0:0:0:2815:77 lässt sich auf 2002:0ef7:: 2815:77 einkürzen, da klar ist, dass „::“ vier Blöcke repräsentiert. Anders sähe es bei der IPv6-Adresse 2002:0ef7:0:0:2815:0:0:57 aus. Zulässig ist hier nur die einmalige Anwendung der Abkürzung. Ansonsten wäre nicht eindeutig, welcher „::“ nun für wie viele Blöcke mit Nullen steht.

Aufruf von IPv6-Adressen im Webbrowser

Während man IPv4-Adressen einfach in die URL-Zeile des Webbrowsers eintippen kann, müssen IPv6-Adressen in eckige Klammern gesetzt werden. Zum Beispiel:

  • https://[2002:0ef7:: 2815:77]

Dieser „Trick“ ist notwendig, da der Webbrowser sonst den letzten Doppelpunkt als Hinweis auf eine Port-Angabe interpretiert und in diesem Fall fälschlicherweise eine Verbindung mit Port 77 aufbauen würde.

Vergabe von IPv6-Adressen

Öffentliche IPv6-Adressen bestehen aus zwei gleich großen Sektionen á 64 Bit:

Die erste Sektion („Präfix“) wird vom Provider vorgegeben, der die IPv6-Adressen von seiner regionalen Internet Registry erhält.

Für Europa, den Nahen Osten und Teile Zentralasiens ist dies die RIPE NCC (Réseaux IP Européens Network Coordination Centre) mit Hauptsitz in Amsterdam und einer Zweigstelle in Dubai.

Die zweite Sektion („Interface Identifier“) kann – bis auf einige Sonderfälle – vom Benutzer selbst bestimmt werden und ist von technischen wie organisatorischen Kriterien abhängig.

Offizielle Einführung

Im Juli 1999 ging die Adressvergabe für IPv6 in den Regelbetrieb über.

Am 8. Juni 2011 fand der „World IPv6 Day“ statt, an dem ein zweigleisiger Betrieb (Dual Stack) von mehreren großen Websites getestet wurde. Die Ergebnisse waren überwiegend positiv.

Am 6. Juni 2012 haben weltweit mehr als 1.400 Unternehmen im Rahmen des „World IPv6 Launch Day“ ihre Websites dauerhaft umgestellt und sind nun sowohl über IPv4 als auch über IPv6 erreichbar.

In Deutschland wurden im dritten Quartal 2023 etwa 45 % des Datenverkehrs über IPv6 abgewickelt. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine grobe Schätzung, da der Datenverkehr des Internet nicht zentral gemessen werden kann.

Sicherheitsbedenken

Aufgrund der großen Zahl von IPv6-Adressen könnte theoretisch jedes mit dem Internet verbundene Gerät eine feste IPv6-Adresse erhalten und bliebe so selbst Jahre später noch identifizierbar. Der Super-GAU für den Datenschutz.

Abhilfe schaffen die sogenannten „Privacy Extensions (PEX)“. Kurz gesagt, sorgen sie für die Generierung von Zufallszahlen, auf deren Basis regelmäßig wechselnde IPv6-Adressen gebildet und den Teilnehmern eines Netzwerks zugeordnet werden. Diese sollen die Nachverfolgung und das Tracking von Aktivitäten im Internet (oder lokalen Netzen) verhindern.

Allerdings wurde an der Umsetzung der Privacy Extensions durch einige Betriebssysteme bereits Kritik geübt, da diese zu unsicher sei und ein Tracking – unter gewissen Bedingungen – relativ einfach ermögliche.

Und was wurde aus IPv5?

Kurze Antwort: IPv5 gibt es nicht!

Ausführliche Antwort: Die IP-Versionsnummer 5 wurde von der zuständigen Organisation IANA (Internet Assigned Numbers Authority) für das „Internet Stream Protocol Version 2“ reserviert.

Es sollte der eigentliche Nachfolger von IPv4 mit verbesserten Fähigkeiten für Echtzeit-Datenübermittlung werden. Seine Entwicklung wurde aber aufgrund einer ungünstigen Kosten-Nutzen-Schätzung zugunsten von IPv6 und anderen Techniken nicht weiter verfolgt.


Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: November 2023
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