Buzzword-Bingo – Highlights aus dem Netz

Von Möchtegern-Experten und Angebern...

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Vielsagend nichtssagend - Buzzwords eignen sich hervorragend zum Fremdschämen.
Vielsagend nichtssagend - Buzzwords eignen sich hervorragend zum Fremdschämen.

Sie sollen Expertise vermitteln, dabei möglichst wenig (An-)Greifbares aussagen und trotzdem die Zuhörer beeindrucken – das sind Buzzwords (englisch für „Schlagworte“)!

Die Spielregeln des Buzzword-Bingo

Dieses Gesellschaftsspiel der Wichtigtuer und Chef-Versteher findet vornehmlich in größeren Gruppen statt, idealerweise vor unbedarftem Publikum, welches einen guten Resonanzboden für die Ego-Show der Teilnehmer liefert.

In jeder Runde bedienen sich die unfreiwilligen Mitspieler mindestens eines englischsprachigen Begriffs – gerne sinnentstellt – und vermischen ihn gekonnt mit der deutschen Sprache.

Die Herausforderung besteht im Zeigen von genügend Selbstsicherheit, um die Defizite der gemachten Aussagen nicht nur zu kaschieren, sondern das Publikum von deren Sinnhaftigkeit zu überzeugen.

Gewinner ist, wer im Laufe des Turniers (für gewöhnlich während einer Präsentation oder einer Besprechung leitender Mitarbeiter) die meisten Buzzwords in seinen Wortbeiträgen unterbringt.

Die Variante für Außenstehende

Sie kennen das klassische Bingo-Spiel mit Zahlen? Dieses hier funktioniert ganz ähnlich:

Anstelle der Zahlen werden Karten mit verschiedenen, zum jeweiligen Anlass passenden Buzzwords benutzt. Sobald ein Buzzword genannt wurde, markieren es die Teilnehmer in ihren Karten. Wer zuerst eine horizontale, vertikale oder diagonale Reihe gefüllt hat, gewinnt.

Hier also meine persönliche Buzzword-Hitliste!

Mein Mind ist auch gerade blown von der News über den negativen Ertrag!

Nicht gerade ein Fall für das typische Buzzword-Bingo, aber wir möchten Sie ja langsam an das Schreckliche gewöhnen und beginnen deshalb vorsichtig.

Diese Aussage soll offenbar zum Ausdruck bringen, dass man ob einer gerade vernommenen Neuigkeit – das Unternehmen habe einen Verlust erwirtschaftet – ein bisschen „durch den Wind“ ist.

In meiner Bedeutungserklärung habe ich übrigens absichtlich den Begriff „Verstand“ (für „mind“) vermieden; denn der fehlte ja schon beim ursprünglichen Autor.

Unsere technische Komfortzone liegt straight an der Grenze zur Maximalauslastung.

Mit anderen Worten: Würden wir uns etwas stärker engagieren, wäre bestimmt mehr möglich. Oder kürzer: Ihr faulen Säcke könntet ruhig mal etwas engagierter anpacken!

Dieser Satz verknüpft auf wunderbar erschreckende Weise dreierlei: Ein Modewort („Komfortzone“), gespielte Kompetenz sowie nett verpackte Kritik an der Arbeitsleistung des angesprochenen Teams.

Trotzdem (und gerade deshalb) finde ich dieses Statement nicht straight, sondern ziemlich strange.

Wir haben uns dann gleich mit Chris connected und die Roadmap an unsere fünf Executive Consultants gelauncht. Ich sehe da short-term einen großen Benefit im Bereich des Linkbuildings, der unsere SERPs in den Orgas pushen wird.

Was für ein Highlight – Buzzword-Bingo par excellence!

Jedes Wort ein Treffer, der voll daneben geht aber so klingt, als hätte man gerade den heiligen Gral des Geschäftslebens entdeckt.

Konkret thematisiert wird aber schlicht eine Idee, welcher man ein mehr oder minder großes Potential im Bereich der Besuchergewinnung für die eigene Webpräsenz zurechnet.

Wir müssen unsere Leser mit dem neuen Listicle hooken.

Häh? Ich meine, wie bitte?

Im Grunde stellt dieser Satz lediglich eine Ermutigung an den Texter dar, einen aufzählenden Wortbeitrag (also z.B. „Die fünf besten Buzzword-Ausrutscher“) so zu schreiben, dass der Leser davon mitgerissen wird.

Na, haben wir Sie mit diesem Listicle auch schon gehooked? 😉

Lass uns später nochmal wegen des Mockups syncen. Ich muss jetzt zum Stehmeeting, die wollen ein kurzes Brainstorming wegen der Insights in der letzten Präsi machen.

Cool, alles klar – Roger – Logo – Bis denne!

Das geschieht, wenn man versucht, eine Ausrede mit purer Angeberei zu kombinieren: Dabei sagt der Satz nur aus, dass man für etwas wirklich Wichtiges im Augenblick keine Zeit hat.

Offenbar wurde nämlich gerade an der Kaffeemaschine der Abteilungsleiter gesichtet, und selbigen möchte man nun unbedingt mit einigen flachen Einsichten bezüglich der letzten Präsentation beglücken.

Die GUI-Interaktion auf Basis visueller Reize im Webdesign ist sowas von 80er.

Oh, was für ein böser Fehler, das gibt mindestens einen Punkt Abzug – es sei denn, niemandem fällt es auf. Dann war es nachgerade brillant!

Websites waren in den 1980er Jahren nämlich noch gänzlich unbekannt. Was wohl daran liegt, dass das World Wide Web erst in den 90er Jahren einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wurde.

Aber wer wagt es schon, einem so ausgemachten Experten zu widersprechen!? 😉

Last, but not least: Buzzword-Bingo kombiniert mit fragwürdigen Englischkenntnissen (oder einem automatisierten Übersetzungsdienst nahe am Rande eines Buffer Overflows):

Selbstbeschreibung eines Mitglieds in einem Karriere-Netzwerk: „I’m a Visionär, Coatch and Enterprenör – trust me I’m always win your help. Homerbase is Düsselvillage in god old Germany!“

Ich glaube, man muss kein großer Visionär sein, vorauszusehen, dass sich dieser Experte demnächst wohl eine neue Berufung suchen wird. Vielleicht irgendetwas mit Sprachen, frei nach dem Motto „English for Runaways“… „Englisch für Fortgeschrittene“ – oder vielmehr zum Weglaufen. 😉

Vielleicht entdeckt er aber auch seine Affinität zur Comedy. Die Sache mit der unfreiwilligen Komik hat er jedenfalls wirklich mega nice drauf.


Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: September 2018
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